Dienstag, 29. Oktober 2013

Reiseabschluss: Der Küste entlang nach Antalya

Im LKW verbringe ich eine ruhige Nacht, doch Sertac will ebenfalls früh los, so dass wir uns schon vor 7 Uhr aufmachen. Es wäre wohl doch eine Schnapsidee gewesen hier zwischen den Städten zu übernachten, extrem viel Verkehr ist hier auf der Autobahn und die Küstenebene intensiv genutzt. Irgendwo im Industriegebiet von Mersin werde ich nun herausgelassen und verabschiede mich herzlich von meinem Gastgeber. Für mich soll es nun die Küste weitergehen, eine Strecke, die wohl LKW für die langen Strecken eher meiden und die stattdessen die grosse Autobahn nehmen, die durchs Landesinnere geht.
Es dauert allerdings recht lange, bis ich endlich das erste Mal einen Blick auf das Meer werfen kann. Die Strasse führt nämlich noch ewig durch lange Reihen von gesichtslosen Hochhäusern. Da kommen einem schon Zweifel an der Überbevölkerung, welche hier in modernen Wohnhöhlen haust. Auch hinter Mersin geht es verstädtert weiter. Erst in Kizkalesi kann ich mal kurz das Meer geniessen, dort liegt auch die Insel der Jungfrauen und eine ansehliche Festung. Die Landschaft bessert sich nun etwas, doch erst hinter Silifke kommt Küstenfeeling auf. Während der Wind bis Silifke zwar nicht günstig war, wird er nun zum Fiasko, er frischt richtiggehend zu einem Gegensturm auf. Zum Glück nimmt er hinter Silifke leicht ab, das Tal scheint dort einen Düseneffekt zu haben, doch weitere Düsen warten auf mich. So gestaltet sich der Nachmittag anstrengender, als erwartet. Dabei muss langsam schon der Schlusspunkt angepeilt werden, der Flug ab Istanbul steht, nur noch nicht der Ort ab dem ich per Bus nach Istanbul fahre. Das kann Antalya oder Konya sein. Konya würde noch einmal einige schöne Inlandspässe bedeuten, doch bei dem Vorankommen dürfte der Zeitplan nicht mehr zu halten sein, zumal ja unbekannt ist, wann die Busse fahren. Hinter Siflike tritt nun endlich die Besiedelung teils vollständig zurück. Es hat nun vor allem Ferienanlagen, bei einem Ort wird man durchgeleitet, da die Hauptstrasse in Bau ist, kurz darauf die nächste Baustelle, eine riesige Mole wird gebaut, in ihr soll zukünftig eine Pipeline nach Nordzypern geführt werden. Von hier fahren auch Fähren ab, besonders interessant ist das Angebot, welches in den Libanon führt. Die Strasse steigt nun häufig mal stärker an und führt durch Wälder. Doch nicht mehr lange, teils werden riesige Tunnels gebaut, welche die starken Zwischensteigungen abkürzen und wohl dereinst für mehr LKW-Verkehr sorgen werden. Dieser ist hier stark zurückgetreten. Gerade als ich über einen Pass komme, gibt es einen lauten Knall, im Tal weit unter mir steigt Staub auf, es wird für die Strasse gesprengt.
Nach schneller Abfahrt auf neuer Strasse führt die Strasse endlich mal wieder am Meer entlang, natürlich hat es nun auch wieder touristische Einrichtungen, so dass es im Restaurant Abendessen und WLAN gibt. In der Türkei haben wir uns keine SIM-Karte geleistet, da man eine sehr teure Registrierung vornehmen muss, so dass es sich für die zwei Wochen nicht lohnt. Zudem scheint die Freischaltung nicht immer zu klappen. Schon erstaunlich der Unterschied zu den zentralasiatischen Ländern.











Eigentlich will ich jetzt einen Schlafplatz in Meeresnähe finden, doch nachdem ein sehr einfacher Campingplatz in Sicht kommt, lenke ich auf diesen ein. So gibt es sogar noch eine einfache Dusche und einen Aussichtsplatz über dem Strand. Neben mir sind die einzigen Gäste ein deutsches Pärchen, bzw. ein deutsch-türkisches Pärchen, die Frau ist ursprünglich aus der Türkei. Mit ihnen unterhalte ich mich noch lang, sie sind mit einem zum Wohnmobil umgebauten VW-Bus unterwegs und wollen noch weiter in den Osten. Der Mann träumt noch von Kirgistan, allerdings erst nächstes Jahr. Da sie öfter hier Urlaub machen, erfahre ich noch einiges Nützliche. Der Wind der mich heute so gequält hat, scheint in der Gegend berüchtigt zu sein und kann mehrere Tage anhalten. Die neue Strasse stört den Mann, sie nimmt viel Charakter von der Landschaft, zum Glück sind erst wenige Stücke fertiggestellt. Am Strassenrand hatte ich tagsüber manchmal Kräuterstände gesehen, die Frau klärt mich auf, dass das Adacaye ist, ein Tee aus lokalen Kräutern. Nachdem es eine Dusche hat, springe ich noch kurz ins Meer.
Der Wind hat am nächsten Morgen leider noch nicht nachgelassen und so ist das Vorankommen mühsam, zumal die Berge es nicht leichter machen. Dadurch fällt die Idee flach, noch ins Landesinnere nach Konya zu fahren. Da muss wohl mal wiedergekommen werden, nachdem das deutsch-türkische Pärchen so sehr von dieser Gegend geschwärmt hat. Im Internetcafé in Anamur werden noch Busse studiert, doch ist davon auszugehen, dass ein Transport von Antalya nach Istanbul eine Ubiquität ist. Das Auf und Ab der Küstenstrasse geht weiter, so dass mein neue anvisiertes Ziel, morgen schon in Antalya zu sein, gefährdet wird. So wird dann einfach in die Nacht hineingefahren, viel Verkehr hat es ja nicht. Doch irgendwann will dann doch geschlafen werden. Irgendein steiler Feldweg macht mir Hoffnung einen Platz zu finden, sonst hat es hier im Steilgelände fast keine Gelegenheiten, doch letztlich muss auf dem abschüssigen Feldweg selber campiert werden.















Das erste Schild am Morgen zeigt mir noch über 200 km nach Antalya an, also ein sportliches Vorhaben dort noch am Abend anzukommen. Dafür darf der Wind nicht zu böse sein. In der Früh komme ich gut voran, ohne gross Wind. Von Gazipaza nach Antalya wird entgegen der Ausschilderung die reine Küstenvariante gewählt, die wunderbar verkehrsfrei ist, es ist die alte Strasse. Hier hat es ein paar nette Ferienhäuser, der Kontrast kommt dann in Alanya, das so aussieht, wie man sich die Touri-Bettenhochburgen vorstellt. Immerhin hat es hier nun auch mal wieder Radler. Schon kurz hinter Gazipaza war mir ein ganzes Peloton auf abgesperrter Strasse entgegengekommen, wohl ein Rennen. Und auch hier finden sich einige Rennradfahrer in Trikots. Es ist eigentlich ganz abwechslungsreich durch so eine reine Tourismuslandschaft zu fahren, neben den Apartmentburgen gibt es auch verschieden gelungene architektonische Entwürfe von Hotelbauten. Interessant ist, dass neben den Deutschen auch die Russen eine wichtige Zielgruppe sind, fast am häufigsten sind nun Stände in Russisch angeschrieben. Bis Manavgat bleibt es touristisch, dann folgt vor allem flaches Landwirtschaftsland und ich muss nochmal die Reserven mobilisieren, schlieslich geht es auf die 200 km zu. Wann ich in Antalya bin, kann nicht genau festgestellt werden, zu ausgeufert ist die Stadt bereits. Im Stadtgebiet selber versuche ich erst einmal den Busbahnhof zu finden, der einige Kilometer vom Stadtzentrum wegliegt und dessen Ausschilderung mich fast wahnsinnig macht. Zumal am Ort des Busbahnhofes der Zugang überhaupt nicht klar ist. An der Schalterhalle werde ich gleich wegen Ticket angesprochen und habe ziemlich sofort ein Ticket für den nächsten Abend. Nun kann es ins eigentliche Stadtzentrum gehen. Dieses ist hübsch herausgeputzt und hat seinen Charakter bewahrt, natürlich ist alles für die Touristen hergerichtet. Nachdem ein Zimmer in der Herberge bezogen ist und die Dusche benutzt wurde, streunere ich noch einige Stunden durch die Altstadt, man kann sich hier wunderbar verlaufen.









Der nächste Tag wird mit weiterem Verlaufen zugebracht und langsam an die Rückkehr gedacht, ein Friseur stellt die Ordnung wieder halbwegs her.
Mit der Busgesellschaft habe ich wohl keine so gute Wahl getroffen, unser Bus in Diayarbakir war deutlich komfortabler. Als wir in der Früh in Istanbul sind, will ich schon am südlichen Ufer aussteigen, doch der Busfahrer meint ich solle noch drinnen bleiben, der Busbahnhof wäre zentraler. Denkste. Am schönsten wäre es gewesen mit der Fähre zum goldenen Horn zu fahren, nun umfahren wir dieses Städtemonster Istanbul fast noch eine Stunde um zum nicht gerade zentral gelegenen Busbahnhof zu gelangen, von dem aus ich mich durch unzählige stark befahrene Strassen zurück ins Zentrum kämpfe. Kurz wird Basarluft geschnuppert, aber mit Rad darf man ja eh nicht rein. So geniesse ich am Ufer des Bosporus die Oktobersonne und schaue den unzähligen Schiffen zu, die die Stadt passieren. Im Anschluss wird noch ein Outlet-Center angesteuert um einen Anzug zu kaufen, was auch zu vollster Zufriedenheit gelingt. Der Preis ist zwar nicht billig aber für die Qualität ganz angemessen. In der Früh hatte ich schon Schuhe besorgt und dabei laut ausrufen müssen, als im selben Laden ein Kirgise mit dem typischen Kirgisenhut auftauchte. Kleine Welt.
Der einzige Stress ist nun zum Flughafen zu kommen, letztlich führt nur eine Autobahn dort hin, in der Dämmerung sorgt die Querung der drei Spuren um links (sic!) abbiegen zu können
für einen ordentlichen Adrenalinflash. Am Flughafen wird dann noch alles für den morgendlichen Abflug parat gemacht. Die Radschuhe, die 8 Monate durchgehalten haben, werden nun gegen die frisch gekauften Lederschuhe getauscht und erstere entsorgt. Das Rad bekommt nurmehr einen spärlichen Schutz, kommt aber gut durch die Abfertigung. Der Flug verläuft problemlos und ich freue mich, dass Dina mich am Flughafen abholen kommt, so waren wir nur eine gute Woche getrennt unterwegs.


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